7
Sep
2008

Pablo Neruda

Pablo-Neruda

Cortés

Cortés no tiene pueblo, es rayo frío,
corazón muerto en la armadura.
"Feraces tierras, mi Señor y Rey,
templos en que el oro, cuajado
está por manos del indio."

Y avanza hundiendo puñales, golpeando
las tierras bajas, las piafantes
cordilleras de los perfumes,
parando su tropa entre orquídeas
y coronaciones de pinos,
atropellando los jazmines,
hasta las puertas de Tlaxcala.

(Hermano aterrado, no tomes
como amigo al buitre rosado:
desde el musgo te hablo,
desde las raíces de nuestro reino.
Va a llover sangre mañana,
las lágrimas serán capaces
de formar niebla, vapor, ríos,
hasta que derritas los ojos.)

Cortés recibe una paloma,
recibe un faisán, una cítara
de los músicos del monarca,
pero quiere la cámara del oro,
quiere otro paso, y todo cae
en las arcas de los voraces.
El rey se asoma a los balcones:
"Es mi hermano", dice. Las piedras
del pueblo vuelan contestando,
y Cortés afila puñales
sobre los besos traicionados,

Vuelve a Tlaxcala, el viento ha traído
un sordo rumor de dolores.

***

Cortés

Cortés hat kein Volk, ist eisiger Blitz,
totes Herz in der Rüstung.
"Fruchtbare Erdreiche, mein großer Herr und König,
Tempel, in denen das Gold ruht, von Händen
des Indios geformt."

Und Dolche in Herzen stoßend, Geißel
der Niederungen, der schwebenden Hügelketten
der Düfte, rückt er vor,
Halt gebietend seinem Kriegsvolk zwischen Orchideen
und Fichtenkronen,
Jasmine zu Boden tretend,
bis an die Tore Tlaxcalas.

(Bestürzter Bruder, halte
den rosigen Geier nicht für deinen Freund:
ich rede vom Moos her zu dir, von
den Wurzeln unseres Reichs.
Blut wird es morgen regnen,
die Tränen werden imstand sein,
Nebel zu bilden, Wasserdünste, Ströme,
bis deine Augen vergehen.)

Cortés erhält zum Geschenk eine Taube,
einen Fasan erhält er, eine Kithara
von den Musikern des Monarchen,
er aber will die Kammer des Goldes,
will mehr, und alles fällt
in die Truhen der Habgierigen.
Der König zeigt sich auf der Altane:
"Er ist mein Bruder", sagt er. Die Steine
des Volkes fliegen, als Antwort,
und über den verratenen Küssen:
Cortés schärft seine Dolche.

Er kehrt zurück nach Tlaxcala, der Wind hat
ein Geräusch von Schmerzen dumpf herübergetragen.

Hugo Ball

Ball

Cabaret

1.

Der Exhibitionist stellt sich gespreizt am Vorhang auf
und Pimpronella reizt ihn mit den roten Unterröcken.
Koko der grüne Gott klatscht laut im Publikum.
Da werden geil die ältesten Sündenböcke.

Tsingtara! Da ist ein langes Blasinstrument.
Daraus fährt eine Speichelfahne. Darauf steht: »Schlange«.
Da packen alle ihre Damen in die Geigenkästen ein
und verziehen sich. Da wird ihnen bange.

Am Eingang sitzt die ölige Camödine.
Die schlägt sich die Goldstücke als Flitter in die Schenkel.
Der sticht einer Bogenlampe die Augen aus.
Und das brennende Dach fällt herunter auf ihren Enkel.

2.

Von dem gespitzten Ohr des Esels fängt die Fliegen
ein Clown, der eine andre Heimat hat.
Durch kleine Röhrchen, die sich grünlich biegen,
hat er Verbindung mit Baronen in der Stadt.

In hohen Luftgeleisen, wo sich enharmonisch
die Seile schneiden, drauf man flach entschwirrt,
Versucht ein kleinkalibriges Kamel platonisch
zu klettern; was die Fröhlichkeit verwirrt.

Der Exhibitionist, der je zuvor den Vorhang
bedient hat mit Geduld und Blick für das Douceur,
vergißt urplötzlich den Begebenheitenvorgang
und treibt gequollene Mädchenscharen vor sich her.

Emmy Hennings

Emmy-Hennings

Traum

Ich bin so vielfach in den Nächten.
Ich steige aus den dunklen Schächten.
Wie bunt entfaltet sich mein Anderssein.

So selbstverloren in dem Grunde,
Nachtwache ich, bin Traumesrunde
Und Wunder aus dem Heiligenschrein.

Und öffnen sich mir alle Pforten,
Bin ich nicht da, bin ich nicht dorten?
Bin ich entstiegen einem Märchenbuch?

Vielleicht geht ein Gedicht in ferne Weiten.
Vielleicht verwehen meine Vielfachheiten,
Ein einsam flatternd, blasses Fahnentuch...

Rainer Maria Rilke

modersohn3

Der Sänger singt vor einem Fürstenkind

Dem Andenken von Paula Modersohn-Becker

Du blasses Kind, an jedem Abend soll
der Sänger dunkel stehn bei deinen Dingen
und soll dir Sagen, die im Blute klingen,
über die Brücke seiner Stimme bringen
und eine Harfe, seiner Hände voll.

Nicht aus der Zeit ist, was er dir erzählt,
gehoben ist es wie aus Wandgeweben;
solche Gestalten hat es nie gegeben, -
und Niegewesenes nennt er das Leben.
Und heute hat er diesen Sang erwählt:

Du blondes Kind von Fürsten und aus Frauen,
die einsam warteten im weißen Saal, -
fast alle waren bang, dich aufzubauen,
um aus den Bildern einst auf dich zu schauen:
auf deine Augen mit den ernsten Brauen,
auf deine Hände, hell und schmal.

Du hast von ihnen Perlen und Türkisen,
von diesen Frauen, die in Bildern stehn
als stünden sie allein in Abendwiesen, -
du hast von ihnen Perlen und Türkisen
und Ringe mit verdunkelten Devisen
und Seiden, welche welke Düfte wehn.

Du trägst die Gemmen ihrer Gürtelbänder
ans hohe Fenster in den Glanz der Stunden,
und in die Seide sanfter Brautgewänder
sind deine kleinen Bücher eingebunden,
und drinnen hast du, mächtig über Länder,
ganz groß geschrieben und mit reichen, runden
Buchstaben deinen Namen vorgefunden.

Und alles ist, als wär es schon geschehn.

Sie haben so, als ob du nicht mehr kämst,
an alle Becher ihren Mund gesetzt,
zu allen Freuden ihr Gefühl gehetzt
und keinem Leide leidlos zugesehn;
so daß du jetzt
stehst und dich schämst.

Du blasses Kind, dein Leben ist auch eines, -
der Sänger kommt dir sagen, daß du bist.
Und daß du mehr bist als ein Traum des Haines,
mehr als die Seligkeit des Sonnenscheines,
den mancher graue Tag vergißt.
Dein Leben ist so unaussprechlich Deines,
weil es von vielen überladen ist.

Empfindest du, wie die Vergangenheiten
leicht werden, wenn du eine Weile lebst,
wie sie dich sanft auf Wunder vorbereiten,
jedes Gefühl mit Bildern dir begleiten, -
und nur ein Zeichen scheinen ganze Zeiten
für eine Geste, die du schön erhebst. -

Das ist der Sinn von allem, was einst war,
daß es nicht bleibt mit seiner ganzen Schwere,
daß es zu unserm Wesen wiederkehre,
in uns verwoben, tief und wunderbar:
So waren diese Frauen elfenbeinern,
von vielen Rosen rötlich angeschienen,
so dunkelten die müden Königsmienen,
so wurden fahle Fürstenmunde steinern
und unbewegt von Waisen und von Weinern,
so klangen Knaben an wie Violinen
und starben für der Frauen schweres Haar;
so gingen Jungfraun der Madonna dienen,
denen die Welt verworren war.
So wurden Lauten laut und Mandolinen,
in die ein Unbekannter größer griff, -
in warmen Samt verlief der Dolche Schliff, -
Schicksale bauten sich aus Glück und Glauben,
Abschiede schluchzten auf in Abendlauben, -
und über hundert schwarzen Eisenhauben
schwankte die Feldschlacht wie ein Schiff.
So wurden Städte langsam groß und fielen
in sich zurück wie Wellen eines Meeres,
so drängte sich zu hochbelohnten Zielen
die rasche Vogelkraft des Eisenspeeres,
so schmückten Kinder sich zu Gartenspielen, -
und so geschah Unwichtiges und Schweres,
nur, um für dieses tägliche Erleben
dir tausend große Gleichnisse zu geben,
an denen du gewaltig wachsen kannst.
Vergangenheiten sind dir eingepflanzt,
um sich aus dir, wie Gärten, zu erheben.

Du blasses Kind, du machst den Sänger reich
mit deinem Schicksal, das sich singen läßt:
so spiegelt sich ein großes Gartenfest
mit vielen Lichtern im erstaunten Teich.
Im dunklen Dichter wiederholt sich still
ein jedes Ding: ein Stern, ein Haus, ein Wald.
Und viele Dinge, die er feiern will,
umstehen deine rührende Gestalt.


(Paula Modersohn-Becker, Bildnis Rainer Maria Rilke)
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